Besuch der alten Dame

 

Überraschende Zwischenlandung des Wellblech-Klassikers Junkers F13

 

Flugleiter Thomas Guttropf staunte nicht schlecht, als er sein Fernglas auf den Anflugsektor bei Schweinsdorf richtete. Hier flog kein gewöhnliches Sportflugzeug. Es war um einiges größer und vor allem langsamer als die gewohnten Cessnas und Pipers. Tatsächlich, es war eine Junkers F13! Dieses Flugzeug des berühmten Dessauer Konstrukteurs wurde erstmals 1919 in Dienst gestellt und gilt bis heute als der Urahn aller Verkehrsflugzeuge.

 

Erkennungszeichen, wie fast bei allen Konstruktionen von Prof. Hugo Junkers, ist die komplette Beplankung mit gewelltem Duraluminium, dem vor allem die legendäre JU52 ihren Beinahmen „Wellblechtante“ verdankte. Durch diese Bauweise erzielte man eine enorme strukturelle Festigkeit. Auch die Aerodynamik wurde durch die in Längsrichtung verlaufenden Rillen keinesfalls negativ beeinflusst.

 

Von den ca. 300 gebauten Exemplaren der F13 ist heute kein einziges mehr flugfähig. Trotzdem war der Besuch in Rothenburg kein „Geisterflug“, denn es handelt sich um einen Nachbau. Initiator des Projekts, das nicht weniger als 12.000 Arbeitsstunden erforderte, ist der Kölner Unternehmer Dieter Morszeck. In minuziöser Feinarbeit wurde die F13 im Schwarzwald bis ins letzte Detail rekonstruiert. Als Vorlage dienten die wenigen Flugzeuge, die noch in Museen erhalten sind, und - soweit noch vorhanden – Pläne von Hugo Junkers selbst.

 

Mit unvergleichlicher Würde und Gelassenheit sowie mit dem dumpfen Grollen des Sternmotors rollte das Flugzeug im Schritttempo an die Tankstelle. Es kam aus Norddeutschland und flog später weiter nach Friedrichshafen, wo es auf der Flugzeugmesse AERO (18. – 21. April 2018) sicherlich als der Stargast schlechthin gelten dürfte. Ein Kuriosum der F13 wurde an diesem regnerischen Tag besonders deutlich: die beiden Piloten sitzen im Freien, die vier möglichen Passagiere dagegen in einer geschlossenen Kabine. Und so kletterten sie erst einmal recht klamm aus dem Cockpit, der schweizer Berufspilot Urs Nagel und sein Copilot Dieter Morszeck. Der in der komfortablen Kabine mitreisenden jungen Dame waren dagegen keinerlei Strapazen anzusehen. Beide, Piloten und Passagiere, verlassen das Flugzeug über die Tragfläche. Leider konnten sie nicht lange bleiben. Nur Auftanken und ein Imbiss im Stehen, denn das schlechte Wetter trieb die Junkers und ihre Equipage förmlich vor sich her.

 

Ein wenig Zeit für ein paar Eindrücke blieb uns dennoch. Die F13 steht da wie „aus dem Laden“. Die Endmontage erfolgte in der Schweiz, auch darum trägt sie ein eidgenössisches Kennzeichen: HB-RIM. Das maximale Abfluggewicht liegt bei 1.999 kg, die Reisegeschwindigkeit bei 95 Knoten bzw. 175 km/h. Die Abmessungen sind für ein „Verkehrsflugzeug“ überschaubar: die Spannweite beträgt knapp 15 m, die Rumpflänge 9,6 m. Trotzdem beeindruckt die F13 am Boden als eine mächtige Erscheinung. Alles ist vorbildgetreu an der HB-RIM, lediglich bei zwei Komponenten musste das Team Kompromisse eingehen: Am Heck ersetzt nunmehr ein kleines Rad den ursprünglichen Schleifsporn. Damit kann die F13 – wie in Rothenburg – auch auf asphaltierten Pisten landen. Und schließlich das Triebwerk, ein Sternmotor von Pratt & Whitney, der 450 PS leistet. Wenn auch nicht alle, so wurden doch die meisten der früheren F13-Flugzeuge mit einem Sechszylinder-Reihenmotor angetrieben.

 

Erst vor kurzem ist der liebevolle Nachbau der Junkers mit der Zulassung durch die europäische Luftfahrtbehörde EASA gekrönt worden. Hinter vorgehaltener Hand werden die Entwicklungs- und Baukosten des Projekts mit ca. fünf Mio. Euro beziffert. Dazu ist fairerweise anzumerken, dass es sich bei dem Investor Morszeck um den Inhaber des Koffer-Herstellers Rimowa handelt. Die Wellblech-Technologie von Junkers in Dessau hat bekanntlich auch Pate gestanden für das Design seiner Produkte. Somit steht die HB-RIM nicht nur für die Erfüllung von Morszecks Lebenstraum, sondern sie dient auch als unverwechselbarer Image-Träger seines Unternehmen. Aber auch die Herstellung und der Vertrieb weiterer Exemplare der F 13 ist angedacht.

 

Behäbig aber einzigartig würdevoll startet die Junkers wieder und wagt sich unter den regnerischen Himmel. Flugleiter Guttropf und ich gehen wieder ins Gebäude. Wir sind uns einig, dass eine eigene F13 auch dem Aero-Club Rothenburg nicht schlecht stehen würde. Abgesehen von den Kosten und auch nur bei trockener Witterung.

 

Markus Koch